Hänseln

Hänseln
1. Wer sich last henseln ohn gefahr, der ist letztlich eins jeden Narr.Henisch, 416, 12.
*2. Ar wird überoll g'hanselt. (Franken.) – Frommann, VI, 315, 157.
Geneckt, verspottet.
*3. Jemand hänseln.Pistor., I, 41; Apin. Glossar., 263; Körte2, 3246; Braun, I, 1130.
Hänseln heisst nach dem jetzigen Sprachgebrauch jemand zum besten haben, höhnen, verspotten, auf eine spöttische Art behandeln. Dieser sprichwörtliche Ausdruck rührt aus den Zeiten der Entstehung des hanseatischen Bundes her. Um nämlich den grossen Zulauf zu diesem Bunde in etwas zu vermindern, wurden allen jungen Kaufleuten und allen, die es werden wollten, einige sehr harte Proben aufgelegt und ganz besonders drei. Zuerst ward der junge Candidat der Hanse gänzlich entkleidet, an ein Seil gebunden und dreimal unter einem Schiffe durchs Wasser gezogen, wenn er zum dritten mal hervorkam mit Ruthen, oft bis aufs Blut gepeitscht, und das hiess das Wasserspiel. Fürs zweite wurde derselbe eine halbe Stunde in einen Schornstein gehängt und unter ihm ein Feuer von Haaren, Fischgräten und andern den Geruch beleidigenden Dingen gemacht, wodurch ein so stinkender Rauch entstand, dass der arme Mensch oft halb von Sinnen herunterkam. Dessenungeachtet wurde er noch darauf mit Ruthen gestrichen. Dieser zweite Act hiess das Rauchspiel. Zum dritten und letzten endlich ward er vor einer grossen Menge von Männern und Weibern nackend ausgezogen und musste so in naturalibus mit einigen verkappten Kerlen tanzen. War auch dies vorbei, so erschienen noch vier andere Kerle in Mönchskleidern und geisselten diesen nackten Märtyrer der Hansa noch zuletzt unter Trompeten- und Paukenschall. Dieser Schluss hiess das Staupenspiel. Hatte er nun dies alles glücklich überstanden und acht Jahre gelernt, so war der neue Kaufmann fähig zur Hanse, oder wie man sagte: Er war gehänselt. Denn nun galt er in allen Hansestädten für einen rechtschaffenen Kaufmann. (Gräter's Bragur, VI, 2, 1; Fülleborn, Breslauer Erzähler, 1800, S. 524; Wurzbach II, 154.) Ueberfelder bemerkt in seinem Kärntnischen Idiotikon bei dem Worte Hans'n: »Der neue Zehentherr wurde bei der Abgabe des Zehntgetreides in Stube oder Tenne an eine am Trambaum befestigte Kette gehoben und musste sich durch das Versprechen, z.B. Wein zu geben, loskaufen«. In fränkischer Mundart bei Frommann, VI, 328, 157.
Lat.: Circum tondere comam. (Binder II, 492; Eiselein, 52; Philippi, I, 82.)

Deutsches Sprichwörter-Lexikon . 2015.

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  • hänseln — Vsw jmd. aufziehen, necken std. (17. Jh.) Stammwort. Die Entstehung ist nicht völlig eindeutig: Einerseits bedeutete hänseln in eine Gesellschaft aufnehmen , was mit allerhand Bräuchen verbunden sein konnte, die zum Teil auch Neckereien enthalten …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

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  • Hänseln — Hänseln, soviel wie necken (vgl. Hansa, S. 789) …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • hänseln — »necken, foppen«: Die Aufnahme in bestimmte Gemeinschaften ging im Mittelalter unter fest vorgeschriebenen Zeremonien vor sich. So hatten auch die Lehrlinge, die in eine Kaufmannsgilde – in eine Hanse – eintraten, verschiedene Mut und… …   Das Herkunftswörterbuch

  • hänseln — V. (Aufbaustufe) sich über jmdn. lustig machen Synonyme: ärgern, auslachen, veralbern, verspotten, verarschen (ugs.) Beispiel: Die Mitschüler hänselten mich die ganze Schulzeit lang wegen meines pummeligen Aussehens …   Extremes Deutsch

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  • hänseln — (sich) lustig machen (über) * * * hän|seln [ hɛnzl̩n] <tr.; hat: sich über jmdn. ohne Rücksicht auf dessen Gefühle lustig machen, ihn immer wieder verspotten, ohne dass er sich wehren kann: jmdn. wegen seiner abstehenden Ohren hänseln. Syn.: ↑ …   Universal-Lexikon

  • hänseln — ärgern, auslachen, foppen, sich lustig machen, necken, spötteln, spotten, veralbern, verhöhnen, verspotten, witzeln; (bildungsspr.): sich mokieren; (ugs.): anpflaumen, aufziehen, durch den Kakao ziehen, frotzeln, hochnehmen, uzen; (bes. österr.,… …   Das Wörterbuch der Synonyme

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